Adolf-Reichwein-Schule / Pohlheim

Besuch aus Bulgarien

Junge Musiker des Projekts "Musik statt Straße" zu Gast an der ARS

Dieser Beitrag ist abgelaufen: 27. Oktober 2011 00:00

Bulgaren 1

Eigentlich hatten wir unsere bulgarischen Gäste ja erst später erwartet, sie kamen aber bereits eine Stunde früher an. Um so besser. Außerdem: Solche organisatorischen Peanuts bringen an der ARS allerdings niemanden in ernsthafte Schwierigkeiten.

Eine fröhliche Schar junger und jüngster Musiker stieg aus dem Bus, begleitet von ihren Betreuern, deren Anliegen es ist, wenigstens ein paar Kindern aus den Elendsvierteln der bulgarischen Stadt Sliven eine Zukunftsperspektive zu eröffnen. „Musik statt Straße“ heißt ihr Projekt, das von dem Gießener Violinisten  Georgi Kalaidjiev ins Leben gerufen wurde.

Liebe Bekannte waren da gekommen, denn Frau Becker und Herr Kissel sind mit Georgi Kalaidjiev und seiner Frau Maria Hauschild seit vielen Jahren durch gemeinsame Musikprojekte freundschaftlich verbunden.

Der Instrumentalunterricht ist für die bulgarischen Kinder die Alternative zum Leben auf der Straße, eine von unsäglicher Armut, von Hunger, Gewalt und Verwahrlosung bestimmten Welt. Die Kinder des Projekts werden mit dem Nötigsten versorgt und von Radka Kuseva, einer Musikschullehrerin, unterrichtet. Mit ihrer Tournee durch das Gießener Land hoffen die Initiatoren, weitere Unterstützer für ihr Projekt der Menschlichkeit zu finden.

Bei ihrem Besuch an der Adolf-Reichwein-Schule stand keine Konzertveranstaltung auf dem Plan, sondern das gemeinsame Musizieren. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die ARS mit ihrem Schwerpunkt Musik in ihrer reformpädagogischen Ausrichtung rückt besonderes den Gemeinschaftsgedanken in der Musik, seine verbindende Kraft, in den Vordergrund.

Und so zeigte sich auch bei diesem Besuch wieder, dass Musik eine Weltsprache ist, die alle nationalen Grenzen zu überschreiten vermag.

Bulgaren 2

Zunächst versammelte sich die muntere Schar mit ihren Geigenkästen in der Aula. Ohne große Begrüßungsformalitäten wurden sogleich die Instrumente ausgepackt und der Flügel in Beschlag genommen. „Wir brauchen keine Worte, um uns zu verstehen, wir haben ja die Musik“, meinte Norbert Kissel, setzte sich ans Klavier, und nur wenig später spielte man sich in diversen Improvisationen warm und kommunizierte über Töne, Rhythmen und über Blicke. Klänge des Verstehens beherrschten die Aula der ARS.

Nach dieser Ouvertüre stattete man dem „Grünen Klassenzimmer“ der ARS einen Besuch ab und bestaunte das vielfältige Leben im Insektenhotel und im Schulteich.

Danach ging´s dann richtig los mit dem Musizieren. Das Kammerorchester unter Leitung von Magarete Mrokon und die Concert Band (Leitung: Kattrin Becker) der ARS warteten schon auf die Gäste. Man spielte verschiedene gemeinsame  Stücke, bis man bei Beethovens „Freude, schöner Götterfunken“ angelangt war. Der „Song of Joy“ sorgte für strahlende Gesichter bei den Musikern und ihrer Zuhörerschaft und man wollte gar nicht aufhören, das Stück zu wiederholen.

In die Welt der Improvisation begab man sich danach mit einem Stegreifstück zur bekannten Story von „Peter und der Wolf“. Ohne sich sklavisch an die Vorlage zu halten, ließen die über 50 jungen Nachwuchstalente aus Bulgarien und Deutschland den fröhlichen Peter, seinen Vogel, einen Hund und den grimmigen Wolf in allerlei Clustern und Arabesken erscheinen, mitunter mit viel Spaß an rhythmischer Vielfalt und draufgängerischem Mut zur Dissonanz.

Da Musik bekanntlich hungrig macht, schloss der Vormittag mit einem gemeinsamen  Essen, das im Übrigen vom Caterer der ARS-Mensa (Firma Wölk, Pohlheim) gesponsort wurde. Zur Erinnerung an den Besuch in Pohlheim überreichte Kattrin Becker von der Schule und dem Förderverein T-Shirts mit dem Logo der ARS.

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Alle, die an diesem Vormittag miteinander und füreinander Musik gemacht hatten, durften erfahren, was Musik bewirkt. Bewusst hatte man seitens der Schule im Vorfeld darauf verzichtet, den Schülerinnen und Schülern der ARS ein Bild des Elends zu vermitteln, das die Kindheit ihrer bulgarischen Musikfreunde bislang geprägt hatte. "Wir wollten, dass unsere Kinder unvoreingenommen auf die Gäste zugehen und die Musik im Mittelpunkt des Besuchs steht", so Kattrin Becker über diese Entscheidung. Erst im Nachgang werden sich die ARSler einen Film über die Situation in den Elendsvierteln anschauen, um danach richtig zu begreifen, wie unterschiedlich eine Kindheit sein kann und dass das Engagement Georgi Kalaidjievs und seiner Mitarbeiter gar nicht hoch genug zu schätzen ist.

 

Allen, die mehr über das Projekt erfahren möchten, seien die folgenden Adressen empfohlen:

Die Homepage des Projekts „Musik statt Straße“ http://musik-statt-strasse.jimdo.com/

Der eindrucksvolle Film „Die Stadt der Roma“ http://www.youtube.com/watch?v=3-gWvjeXQp0

Hierzu die Presseartikel der beiden Gießener Zeitungen.

| 17.9.2011